Künstler-Stalking / Stalking-Künstler

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Eigentlich ist es ja noch ein Geheimnis … aber ich habe auf dem Markt in Nuku‘alofa super-hübsche Postkarten entdeckt. Es handelt sich hierbei um Postkarten, die mit „Tapa“ beklebt sind, dem in der Südsee traditionellen, hochwertigen und hochgeschätzten Papierstoff, der aus der Rinde des Tapa-Baumes, einer Maulbeere, aufwändig hergestellt wird.

 
 
 
 

Die haben mir so gut gefallen, dass ich per Durchfragen den Künstler ausfindig gemacht habe und eines Tages einfach mal bei dem auf dem Rasen stand und einen Überraschungsbesuch getätigt habe: Sione Loseli – selber Schuld, wenn man auf die Rückseite der Karten seinen Namen druckt! Da kommter vorbei, der Christian!

Angefangen hat die Reise mit einer Busfahrt. Allein das war schon ein Abenteuer. Nachdem ich dann rausgefunden hatte, welcher Bus mich auf die Westseite der Insel ins Dörfchen Kolovai bringt, hieß es erstmal warten, bis der auf dem Busplatz ankommt.

 
 
 
 

Wenn der dann ankommt und man einsteigt, geht das Warten erstmal richtig los. Wenn der Bus voll ist, geht’s los. Nach einer halben Stunde hat der Fahrer den Gangknüppel erstmal in die Hand genommen, nach weiteren 10 min das Gaspedal bedient. Zwischenzeitlich läuft Reggea-Musik, mit ordentlich Bässen, denn ein Subwoofer muss natürlich im öffentlichen Personennahverkehr unbedingt sein, sonst wird’s dem Fahrer ja langweilig.

 
 

Im Dörfchen Kolovai gaben mir zwei Passanten Auskunft und sagen mir, wo er denn wohnt, der Sione (übrigens die polynesische Form des Namens „John“) und dann stand ich bei ihm im Garten.

 
 
 
 

Da ist man natürlich erstmal stark verdutzt, wenn da jemand plötzlich so unangemeldet vorbeischneit, nur um seine Postkarten zu loben. Aber Sione hat schnell die Fassung wieder gewonnen und hat mir nachher höchstselbst vorgeführt, wie die Karten hergestellt werden.

 
 
 
 

So sind drei exklusive Tapa-Postkarten entstanden, mit einem Druck, den er das letzte Mal vor zwanzig Jahren genutzt hat, um Postkarten für den Export nach Hawai‘i herzustellen. Sogar signiert hat er mir sie. Die Schildkröte gilt übrigens bei den Insulanern generell als Glückssymbol.

Die kleine Druckereiarbeit hat er mal mit eingeschoben, eigentlich hatte er andere Sachen zu tun und er meinte: „Willst du mitkommen, ich hole jetzt paar Freunde ab, die sind hier grad aus Neuseeland zu Besuch.“ „Bin dabei!“ Und so begann plötzlich noch unverhofft eine abendfüllende Spritztour durch Tonga.

Unterwegs in die Stadt kamen wir am Straßenrand an einem Stand vorbei, wo Leute ein paar Plastedosen mit Schleim anboten. Die drei Neuseeländer (Maori) kannten das und wollten unbedingt umkehren um von der „Delikatesse“ etwas zu kaufen:

 
 
 
 

Es war irgend ein Meerestier, eine stachelige Muschel, die man knackt und auslöffeln und ausschlürfen kann. Oder man kauft sie „verzehrfertig“ in Plasteschälchen. Die Leute waren verrückt danach. Ist wahrschienlich sowas wie Durian: man muss sich erst lange dran gewöhnen bevor man auf den Geschmack kommt. Der Unterschied ist nur: das hier ist wirklich ein glibbereiges, stinkendes, salziges, lebendes Meeresgetier und keine duftende Frucht. Das blutige in dem Beutel daneben ist übrigens frisch zerlegte Schildkröte. Das alles war natürlich genau mein Ding …

Nachdem die Guste der Suchties dann gestillt war, ging’s weiter und es taten sich Pläne auf, heute, zum Freitag-Abend, zu einem sogenannten „function buffet“ zu gehen, also einem Buffet mit Show-Einlage. „Wir fahren mal besser gleich hin und bestellen Karten vor“, hieß es. Nagut, war ich mit dabei; lass’ ich mir ja nicht entgehen, wenn mir solche kulturellen Highlights hier auf em Silbertablett feilgeboten werden.

 
 
 
 

Die etwas besser betuchten Tonganer mögen es offenbar, regelmäßig ein solches Buffet zu besuchen. Gehört für die wohl dazu. (Nachdem ich nun das Angebot in den Supermärkten hier kenne, würde ich mich auch lieber von Profis bekochen lassen.)

Bis zum Abend hatte Sione aber noch zu tun: es war Zahltag und er musste herumfahren, ein paar Herstellern die Waren bezahlen, die er mit auf seinem Marktstand anbietet. Und es mussten auch noch seine angestellten Gehilfen aus dem Atelier heimgefahren werden; so war bis zum Einbruch der Dunkelheit für Action gesorgt.

 
 
 
 

Hier wird gerade gedealt: die Frau, die die Kokosfächer herstellt, will heute ihre Kohle sehen!

Dann konnte es endlich zum Buffet gehen. Es wird gesagt, manchmal kommt sogar der König hier her – denn das ist das beste Buffet der Insel.

 
 
 
 

Essen war wirklich sehr lecker und reichlich und mal was neues und auch mit traditionell tonganischem bestückt. Ein riesen Schwein bildete das appetitanregende Zentrum der Veranstaltung. Leute haben tatsächlich die steinhartgeröstete Haut inklusive anhaftendem Speck mit Wonne geknabbert und einer nahm sich dann zu allem Überfluss noch den Kopf vor, den er auf seinem Teller durch edn Raum trug. Barbarisch.

 
 
 
 

Die Showeinlage war tanzenderweise nach traditionell-polynesischem Standard: weiche Bewegungen, Kriegstänze, hawai‘ianischer Feuertanz und Fackeln.

 
 
 
 

Frische Luft schnappen konnte man zwischenduch auch mal: der Speisesaal war mit Veranda zum Strand.

 
 
 
 

Ja und da war er auch schon um, der Abend.

 
 
 
 

Ich, Sione und die Neuseeländer. Das Foto hat übrigens Hans-Jürgen gemacht, der Vater derjenigen welchen, die dieses Beach Resort inne hat; ist vor über zwanzig Jahren nach Tonga gereist und dort geblieben … diese Deutschen … sind überall !!

 

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