Flugakrobatik

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… oder: Umstieg nach Bali

Die Herausforderung am heutigen Flugtag besteht darin, einen Flug von Hongkong nach Kuala Lumpur zu haben und drei Stunden später einen Flug von Kuala Lumpur nach Bali.

 
 
 
 

In meiner Vorstellung einer idealen Welt, würde ich in so einem Fall in Kuala Lumpur ankommen, aus dem Gate gehen und mich ans nächste Gate setzen, wo nachher mein Flug nach Bali losgeht. Quasi einfach umsteigen, wie an der Bushaltestelle. Das ist aber leider beim Fliegen nicht ganz so einfach, denn: wir haben ja noch Check-in-Gepäck. Mein Hongkong-Mitbewohner Phil, der einer von den Leuten ist, bei denen immer alles ganz einfach ist, meinte, ich sollte doch am Check-in-Schalter in Hongkong schon einfach sagen, dass die das Gepäck bitte mit auf den entsprechenden Flug nach Bali schicken sollen, weil ich ja in Kuala Lumpur quasi einfach nur umsteige und auch noch mit der selben Fluggesellschaft, da geht das ja 100-pro! An diesem Check-in-Schalter war ich nun, habe gefragt ob das geht und: geht nicht. Wieder durch Software-Limitationen, weil ich keinen zusammenhängenden Flug gebucht habe, sondern eben zwei Einzeltickets, die zusammenpassen. Damit wird da allem Anschein nach kein simpler Transit-Aufenthalt auf dem Flughafen möglich. Das bedeutet nun für mich: ich muss in Kuala Lumpur offiziell nach Malaysia einreisen, mit Fremdpass-Fremdland-Immigration-Warteschlange, nur um mein Gepäck vom Band einzusammeln, dass ich es am Check-in-Schalter wieder abgeben kann, anschließend wieder aus Malaysia ausreisen mit Fremdpass-Fremdland-Immigration-Warteschlange, und nochmal durch den oder die Sicherheits-Checks; und das alles innerhalb von zwei Stunden und fünfundfünfzig Minuten, um dann noch rechtzeitig am Abflug-Gate nach Bali zu erscheinen. Da werden wir mal sehen, ob uns das nachher ins schwitzen bringt.

Nach den Strapazen in Hongkong war ich regelrecht richtig froh, als endlich Montagmorgen war und ich hier abreisen konnte. Die vorher ausgekuckte Busfahrt mir der linie E 42 zum Flughafen entpuppte sich überraschend als kinderleicht und mit 13 HKD als superbillig (2 EUR); auch wenn man nicht so richtig wusste, ob man nun am Flughafen angekommen ist, oder nicht, weil die hier nicht so richtig ein großes Schild am Eingang haben; nicht mal überhaupt irgend etwas, was auf Haupteingang hindeutet. Aber ich hatte gesehen, dass im Bus offenbar eine Stewardess mitfuhr, also bin ich ihr einfach gefolgt, denn die wird hier ja bestimmt schon irgendwo mal ’nen Eingang finden.

 
 
 
 

Innen angekommen, habe ich erst einmal noch meine Octopus-Card (die ÖPNV-Vielfahrer-Karte in Hongkong) zurückgetauscht. Als Rückgeld bekam ich noch ein paar Münzen und jeder weiß, dass man Münzen an den Wechselstuben nicht annimmt, sondern nur Scheine. Und ich wollte meine verbliebenen Hongkong-Dollar gleich mal noch in Indonesische Rupiah umtauschen. Was mache ich nun mit meiner verbliebenen 5 HKD-Münze; Bettler gibt’s hier keine. Finde mal was für 5 HKD auf dem Flughafen. Da bekommt man nicht mal ’ne Packung Kaugummi, oder ’ne kleine Flasche Mineralwasser. Hab ich dann endlich was gefunden: Tempo-Taschentücher; für 4,90 HKD im Doppelpack! Gut, werden’s eben Taschentücher, ist ja auf Reisen vielleicht auch nicht ganz verkehrt. Dann ab zur Wechselstube. Beim Tauschen kommt natürlich immer etwas unrundes heraus, ist klar. Deswegen war ich froh, mein Münzfach in der Geldbörse schon mal vorsorglich schön leergeputzt zu haben, weil ich jetzt kurz vor Abreise nicht erst noch anfangen wollte einen Zwei-Währungen-Klimpergeld-Cocktail in meiner Tasche zu mixen. Meine verbliebenen 230 HKD tauschte man mir in Rupiah um, aber ich bekam kein Rupiah-Einzelnes, sondern wieder Hongkong-Dollar als Wechselgeld zurück. Mann, ey! Die nehmen sozusagen den nächst runden Betrag in HKD (226 HKD) aus dem etwas rundes in Rupiah herauskommt und tauschen nur den. So hatte ich wieder 4 HKD in Münzen – und was machste nun damit, wenn's schon mit 5 HKD ein Problem war etwas zu finden. Wieder zurück und noch ’ne Packung Tempo gekauft, diesmal das schlechte Einzelpack-Angebot für 3,80 HKD pro Stück ... na gut, hatten wir das jetzt wenigstens hinter uns. 

Die nächste Sache war nun das Einchecken des Gepäcks. Ich hatte mich diesmal für die Variante entschieden, mein Check-in-Gepäck künstlich aufzubauschen, dass es nicht wieder heisst, es wäre zu klein. Ich hatte noch eine Stoffjacke aus Hongkong übrig, ein paar Waffeln, Popcorn, Instant-Nudeln, indischen Whisky und inzwischen drei packungen Tempo-Taschenücher – das wird ja nun hoffentlich mal reichen, um das Gepäckstück groß genug zu machen. Wurde auch akzeptiert, nur wurde mir gesagt, ich sollte das das nächste mal vorher lieber noch mit dieser Frischhaltefolie umwickeln, weil sie sonst womöglich reißen würde, die gute IKEA-Tasche. Naja gut, ich lass’ es drauf ankommen.

 
 
 
 

Auch hatte Phil, der Hongkong-Mitbewohner, gemeint, meinen Kartoffel-Schäler (der bei mir ein Mango-Schäler ist), mit dem ich durch die Sicherheitskontrollen in Malaysia durchspaziert bin, würden sie in Hongkong knallhart aus dem Verkehr ziehen und eventuell mich gleich noch mit. Und was war? Nix war. Interessierte die gar nicht. Und genau aus dem Grund, weil jeder oftmals einfach nur Unsinn erzählt und eigentlich gar nicht Bescheid weiß, mache ich lieber mit Absicht meine eigenen Erfahrungen, selbst wenn ich mich dabei anstelle wie das erste Auto. In Hongkong hat die auch nicht der 1-Liter-Flüssigkeitsbeutel interessiert, den ich so aufwändig komponiert habe. Ich hab sogar danach gefragt, aber man wollte nicht, dass ich den präsentiere; die interessierte nur Laptop und Handy und solcher kram. Das mit den Flüssigkeiten ist wahrscheinlich wirklich nur in Europa so schlimm (und sicherlich USA, die ja die Erfinder dieser ganzen Scheiße sind).

 
 
 
 

Auf jeden Fall war ich diesmal so flott durch Passkontrolle und Sicherheits-Check durch, dass ich fast zwei Stunden am Gate rumsaß. Man kann das einfach nie vorher richtig abschätzen, ob man am Flughafen heute ewig brauchen wird und Stress hat, oder ob man fast einpennt. Meine starke Vermutung ist aber, dass das mit den Wochentagen zu tun haben muss. Heute ist Montag und der Flughafen in Hongkong ist fast leergeputzt. Letztens der Flug nach Hongkong, war freitags und auch noch vor dem Chinesischen Neujahr. Ich denke deswegen ging’s da etwas drunter und drüber und der Flug hatte eine Stunde Verspätung.

Nach der Landung in Kuala Lumpur ging der Staffellauf los:

 
 
  • 13:48 min: Immigration, Einreise nach Malaysia
  • 8:07 min: Gepäck vom Band einsameln
  • 8:23 min: Zoll und zum Check-in gehen
  • 7:46 min: Mich und das Gepäck einchecken
  • 30:40 min: Immigration, Ausreise aus Malaysia und Security-Check
  • 10:07 min: Weg zum Gate und Security-Check
 
 

Macht insgesamt 1:18:51 um mich um mein Check-in-Gepäck zu kümmern – und theoretisch eine Aufenthaltszeit in Malaysia von 54:56 min. Rekordverdächtig! Wer jemals kürzer in Malaysia war, hebe den Fuß! Das ging aber auch alles nur so schnell, weil ich inzwischen schon etwas Erfahrung in KLIA 2 gesammelt hatte, mich im Gebäude langsam auskenne und schnell zurechtgefunden habe. Man könnte es auch in noch weniger Zeit schaffen, wenn man sich bei der Immigration schamlos vordrängelt – oder nicht wie ich, an der langsamsten aller Schlangen ansteht.

 
 

An der Stelle muss ich jetzt resümieren: bei dieser Art von Flugakrobatik wäre es nun durchaus von großem Vorteil, wenn man nur mit Handgepäck reist und nichts einchecken muss. Man spart sich genau dieses ganze Gerenne, was auf noch größeren Flughäfen, die einem persönlich vielleicht sogar noch unbekannt sind und mit noch viel fieseren Warteschlangen ausgestattet sein könnten, auch gern mal noch erheblich länger dauern könnte. Man müsste lediglich bei der Airline vorher für den Flug eingecheckt haben (z.b. online), um seinen Boarding-Pass zu besitzen, dann kann man durchs Gate gehen und das Flugzeug betreten. Einzige mögliche Schwierigkeit die ich sehe: bestimmte Spezialfälle mit den Visas der einzelnen Länder können beim automatisierten (Online-)Check-in aller Wahrscheinlichkeit nicht abgebildet werden; da muss man dann doch an den Check-in-Schalter um mit einem Menschen zu interagieren – siehe hierzu auch das Spezial „Visa und Weiterflug“.

Nachdem mir jetzt die Flugakrobatik allerdings auch mit Check-in-Gepäck in großzügig gesehen 1,5 h gelungen ist, muss ich sagen, stellt das nun auch kein allzu großes Problem dar. Man kann sich auf diese Weise preiswerte Flüge selbst zurechtbasteln und muss einfach nur zusehen, dass man etwa drei Stunden Zeit zwischen Landung und Start hat. So ist auch noch etwas Lluft für eventuelle Flugverspätungen.

In dem Zusammenhang auch noch interessant: ich habe Bekanntschaft mit meinem Sitznachbarn gemacht, der hatte exakt die selben Flüge von Hongkong, über Kuala Lumpur, nach Bali wie ich – mit dem Unterschied, dass er sie bei expedia, also quasi einem Online-Reisebüro, als verbundenen Flug gekauft hat. Er konnte somit sein Gepäck in Hongkong einchecken und es wird nach Bali umgeschaufelt, während er einfach einen Transit-Aufenthalt am Gate in Kuala Lumpur hat. Und er hat nicht mal wesentlich mehr bezahlt als ich; rund 150 Euro für HKG–KUL–DPS, wie wir Profis, das ausdrücken. Hier gibt’s also tatsächlich eiiiiniges an Möglichkeiten, wie man was machen könnte. Viel zu entdecken.

 
 

Ach und: mir ist es im Flieger tatsächlich gelungen einen Blitz in den Wolken zu fotografieren, als wir an einem Gewitter vorbeigeflogen sind:

 
 
 
 

Im Flieger nach Indonesien musste man wieder Kärtchen ausfüllen; diesmal allerdings eine Zoll-Deklaration (customs declaration). Also wer da kein Englisch kann, ist echt aufgeschmissen, der kann ja möglicherweise nicht mal seinen Sitznachbarn fragen, was da jetzt steht und verlangt wird. Wahrscheinlich tippt man dann die ganze Zeit die Worte in den Google-Übersetzer ein, bei dem man sich das Sprachpaket Deutsch–Englisch für den Offlinegebrauch vorher installiert hat. ... oder man kreuzt überall „no“ an, egal obs stimmt, was bestimmt sowieso alle Passagiere allein schon aus Faulheit machen.

 
 
 
 

Nicht so ich: ich musste natürlich erstmal das Bord-Personal fragen, was die damit meinen, wenn gefragt wird, ob man „Pflanzen und deren Produkte (Gemüse, Essen, etc.)“ mit dabei hat. Natürlich hab ich das. Jeder hat da – denn ich wette, jeder Passagier hat irgend ein Baumwoll-Shirt an und das ist ja nun offensichtlich ein pflanzliches Produkt. Auch hatte ich nun zufälligerweise grad noch am Flughafen gefriergetrocknete Durian gekauft und das ist auch eindeutig das Produkt einer Pflanze. Und etwas zu essen ist es auch; und ja, ich habe auch noch Waffeln und Instant-Nudeln im Gepäck – das kann doch jetzt aber nicht ernsthaft den Zoll interessieren ... um meine Frage dann zu beantworten, meinte das freundliche Board-Personal, dass ich nicht so viel nachdenken soll und sich die Frage nur auf lebende Pflanzen und frisches Obst etc. bezieht. Ja ok, ergibt Sinn – dann bezieht sie sich aber auch auf lebende Fische und welcher Passagier nimmt denn da welche mit ins Flugzeug? Also das ist dann ja nun wirklich absurd ...

Als nächsten musste ich die Frage nach „scharfen Gegenständen wie z.b. Messern“ natürlich mit „ja“ beantworten. Ich hatte ja schließlich mein Schweizer Offiziersmesser, das Leatherman-Multitool, das Victorinox-Küchenmesser und den Kartoffelschäler mit dabei. Also füllt man die Rückseite des Blättchens aus und trägt die Gegenstände inklusive deren Wert ein. Mir war natürlich klar, dass die das aller Voraussicht nach nicht die Bohne interessieren wird, aber wer Fragen so blöde stellt, der kriegt von mir gerne ’ne exakte Antwort.

Wenn man einmal was mit „ja“ beantwortet hat, bedeutet das, das man am Flughafen nach der Einreise (immigration) und dem Gepäckband (baggage reclaim) dann bei der Zoll-Inspektion (customs) nicht die grüne Strecke für „nichts zu verzollen“ (nothing to declare) nimmt, sondern die rote Strecke zur Verzollung (customs declaration) nimmt. Wie sich zu meiner Überraschung herausstellte, ist das von großem Vorteil, denn jeder Passagier will ja gerne die grüne Strecke nehmen, weswegen sich dort Stau bildet, weil jeder sein Gepäck erst noch durch den Scanner schicken muss. Auf der roten Strecke hingegen ist keine Sau und man spaziert einfach entlang und zeigt dem gelangweilten Zollbeamten den belanglosen Zettel mit der Liste voller völlig uninteressanter Gegenstände, die er nicht mal sehen oder sich von der Richtigkeit der Angaben überzeugen will; und so war ich ratzbatz draußen und habe alle überholt.

Das war in dem Fall mal von akademischen Interesse, gebracht hat mir das praktisch gerade nicht viel, denn ich musste noch auf meine ägyptischen Freunde warten, die die grüne Strecke gegangen waren. Das waren Asser, der jetzt in den USA lebt und im Bereich der Strahlenmedizin Forschungen betreibt, der mit seinem 63-jährigen Vater gerade auf Asien-Tour ist. Wir fanden nämlich im Flugzeug heraus, dass unsere Unterkünfte nur etwa 500 m von einander entfernt waren und da bot es sich an, sich ein Taxi zu teilen.

 
 
Die Taxileute sind ja wirklich wie die Guppis. Du hast gar keine Zeit, dich auf dem Flughafen in Ruhe umzusehen; die würden dir am liebsten ein Lasso umwerfen um dich in ihr Taxi zu schleifen, nur, dass die das Geschäft mit dir machen können. Also da musste selbst ich dann mal kurz laut werden und rufen, es sollen sich doch jetzt bitte erstmal alle wieder etwas beruhigen – "Please calm down, guys!"
 
Was ich noch nicht wusste: das sollte nur schon mal ein kleiner Vorgeschmack sein, was dann in Kota täglich los ist ...
 

 

Nachtrag

Nachdem ich jetzt höchstselbst erfahren durfte, dass sich Flüge auch mal plötzlich 4 Stunden verspäten können, muss ich doch stark abraten, derartige Flugakrobatik zu vollführen: der selbstgeplante Anschlussflug ist dann mit Sicherheit weg und Anspruch auf einen Ersatz hat man dann natürlich nicht, denn man ist ja nicht aufgekreuzt – ein No-show, wie die Profis sagen. Der Grund ist dann egal. Da ist es von Bedeutung tatsächlich einen von Anfang an verbundenen Flug gebucht zu haben, sodass die Airline, bzw. der Reiseanbieter dann für einen passablen Ersatz sorgen muss. Ansonsten steht man dann irgendwann verspätet auf dem Zwischenzielflughafen und kuckt in die Röhre. Flug weg, Geld weg und man darf dann auf die Schnelle versuchen, sich einen Ersatzflug zu buchen (und nochmal zu bezahlen). Äußerst unschön.

 

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