Was in Fiji funktioniert hat, könnte ja auf Tonga auch möglich sein: einen anständigen Rum zu finden. Gestaltete sich hier etwas schwieriger, aber eine Entdeckung habe ich allerdings doch machen können: die Destillerie „South Seas Rum“. Diese Produkte sind tatsächlich eine lokale Spezialität und sonst nirgends erhältlich – es sei denn, man importiert die selbst; für Beteiligungsgespräche stehe ich jederzeit zur Verfügung. ;)
In einem kleinen Supermarkt habe ich eine Flasche entdeckt und auf Verdacht gekauft – der Verdacht hat sich bestätigt: guter Rum. Auf dem Etikett befand sich eine Webseite und auf der Webseite die Adresse und siehe da: die Destillerie soll angeblich in Nuku‘alofa sein, dort wo ich mich gerade aufhalte. Ich gedacht: gehste dort einfach mal vorbei und guckst.
Komme ich nun dort hin, mit meiner Vorstellung, dass das wie in Schottland wäre und die Brennereien ein Besucherzentrum haben, die Führungen durch die Räume anbieten … ha, weit gefehlt; das ist hier alles etwas provinzialer. Branko, ein Schwede der vor über 20 Jahren nach Tonga ausgewandert ist, hat hier einen auf Rum gemacht und brennt jetzt auch Vodka, macht Mixgetränke und sogar einen Whisky. Mit der erhofften Brennereiführung war nicht viel los: Branko meinte, er gibt nichts mehr Preis, an niemanden – er hat vor 10 Jahren mal diesen Fehler gemacht, seitdem gitb’s noch fünf andere die auf Tonga Rum verkaufen; und er wisse ja nicht, ob ich ein Spion bin, der von seinen Konkurrenten zum ausspähen aller Geheimnisse abgesandt wurde.
Branko fing dann damit an, mir zu erzählen, dass er gerade drüber ist, einen neuen Vodka zu kreieren; einen aromatisierten, mit Frucht. Da mache ich zwar keine Freudensprünge, aber an der Verkostung nehme ich gerne teil, denn er wollte wissen, welchen aus den drei Flaschen ich bevorzuge. Die Frucht war irgend etwas noch nie gehörtes neuseeländisches; und je weniger davon im Vodka war, desto besser hat er mir geschmeckt – wenn man bei Vodka überhaupt von „schmecken“ reden kann …
Hier ist übrigens die aktuelle Palette, von der ich mir den original „South Seas Rum“ mal mitgenommen habe. Der gesellt sich jetzt zu dem aus Fiji und der anderen Flasche tonganischen Rum. Ich bin nur gespannt, ob ich das alles über die drei Grenzen bekomme, über die ich noch drüber muss. Irgendjemand wird mir dafür bestimmt mal Zoll abknöpfen, weil ich irgend eine Freimenge überschreite.
Meine ganzen Beteuerungen, dass ich nicht für jemanden spionieren würde und ich mich einfach nur für ausgefallenen Rum interessiere und sehen wöllte, wie er den hier fabriziert, schienen dann letztlich vielleicht doch etwas gefruchtet zu haben. Denn inzwischen kamen auch mir schon leise Zweifel, ob er denn wirklich hier selbst destilliert. Denn das muss schon sein, wenn’s ein tonganisches Produkt sein soll, hab ich ihm erklärt, und dass eine solch intransparente Informationslage nur zu allerlei Spekulationen über das Produkt führt und das letztlich eher auch gar nicht so gut für das Produkt selbst ist.
So habe ich meinen Tipp abgegeben:
- Auf Tonga gibt es keine Zuckerrohrplantagen. Er muss also die Ausgangsstoffe (aus Platzgründen sicherlich Melasse statt Zuckerrohr) aus Fiji oder Neuseeland importieren.
- Ich traue ihm zu, dass er wirklich selbst destilliert, denn das ist durchaus schon mit relativ kleinem Platzaufwand möglich. Und den Platz hatte er locker in seinem Schuppen.
- Er wird mit Zuckerkulör nachfärben, denn für eine sehr lange Fasslagerung hat er nicht den Platz; zumindest nicht auf seinem Grundstück, was ich bisher gesehen habe.
- Auf manchen Flaschenetiketten steht „South Seas Distillery“ drauf und das würde man ja nicht schreiben, wenn man nicht wirklich destilliern würde, sondern nur abfüllt.
- Er „macht den Vodka selber“: ich denke, Getreide importieren und selbst destillieren ist wesentlich lukrativer als fertigen Vodka von irgendwoher zu nehmen und dann nur einen Tropfen Fruchtsaft hineinzuträufeln.
Dazu machte er nur immer wieder die „Reißverschluss-vorm-Mund“-Geste und meinte: „Wenn es dich wirklich interessiert, schreib mir eine E-Mail, wenn du wieder in Deutschland bist, dann verrate ich dir die Rezepte – aber nicht, solange du mit deinen Füßen auf dieser kleinen Insel stehst. Hier erfährt niemand mehr etwas.“
Ok Branko, wird gemacht – denn ich will wirklich wissen, ob es sich hier um „echten“ tonganischen Rum handelt; denn das wäre dann wirklich etwas besonderes.
Danke für den Beitrag! Ich habe selbst lange im Ausland gelebt und die beschriebene Erfahrung machen dürfen. Alkohol und die gesetzliche Regelung sind natürlich von Land zu Land unterschiedlich. Damals sind wir, meine Freunde und ich, oftmals zum Hafen gefahren und haben uns die Flaschen auf Schwarzmarkt besorgt. Es scheinen also einige Flaschen von den Containern der Schiffe zu fallen.